Mittwoch, 14. März 2012

Also sitze ich dann an diesem Küchentisch. Die Gläser klingen wie Plastik, hohl und trocken wegen dem vielem Eis darin. Absolut korrekt die Dauer mit der ich abwechselnd die Gesichter in der Runde anschaue. Ich habe das gut im Gefühl. Es gibt Salat vorab, dann Lamm. Mitte 20 sind der Gastgeber und das befreundete Paar. Eher schlecht verbergen sie ihr Unwohlsein. Ein wenig nur tut es mir leid. Ich halte mich angemessen, in den Grenzen die mir ihre Gesten ziehen. Meine Stimme ist ruhig, ich helfe mit dem Geschirr. Ab und an schaue ich auf die Küchenuhr, dabei wurde gar keine Zeit verabredet. Drei- viermal mische ich mich ins Gespräch, ohne weitere Absicht. Der Freund des Gastgebers lacht offen, wie man sagt. Seine Freundin stammt aus Paraguay. Ich nehme zweimal von dem Fleisch nach. Versuche mir vorzustellen, auf welche Art der Typ wohl mit ihr schläft. Eine seiner Hände jedenfalls, liegt die halbe Zeit auf ihren Knien. 

Golem heisst der Club, der zweite Treffpunkt nach dem Essen. Die Bar davor erwähn ich nicht, weil mir der Name nicht gefällt. Drei Euro Eintritt. Stempel auf das Handgelenk- in Großbuchstaben: KRISE. Auf okaye Weise lustig.
Erdgeschossig so mehr Bar und Salon mit großwandigem Bücherregal, im Keller mehr Disco, wenn man so will. Schmale Treppe abwärts, ein scharfer Knick darin. Es läuft irgendwas von Motown, wie in allen Städten, egal welcher Größe. Das Publikum ist hier unten weniger hip gekleidet als oben. Vielleicht College-Look, unspektakulär in der Summe. Man kann hier rauchen. Die Paraguayanerin knippst permanent an ihrem Portemonnaie rum. Ihr Freund trägt zum Weggehen eine Brille und einen voluminösen Werber-Schal. Sobald man ihn ansieht lächelt er. Der nicht abgegrenzte Dancefloor ist ziemlich voll. Der Gastgeber von eben winkt mir aus einer Ecke ohne Verve zu, bietet eine Zigarette an, die ich mir selber anzünde. Hinter ihm noch ein Raum, wie ich sehe. Völlig unangemessen unsicher trete ich durch einen Vorhang in einen Kinosaal- alte Klappsitze, Biedermeier Möbel. Drei- vier Jungen sehen sich einen Stumm-Film an, vornüber gebeugt, die Unterarme auf den Oberschenkeln, die wie zum Gespräch zueinander sich winkeln. Ich nehme auf dem roten Sofa Platz, mittig. Die Einblendungen sind englisch, nur beschreibend und auch keine Namen. Nach ein paar Minuten erkenne ich Vergil und Dante. Dann fragt mich jemand warum ich hier sitze.

Sieben kleine rote Gläser, das meine geb ich gleich weiter. An der Theke sehr viele Mittelstufler, Realschüler vermutlich. Nicht ab- mehr so einschätzend. Einige der Mädchen haben ihre sehr hohen Schuhe an der Hand. Um die Zapfhähne und die Regale, nein- irgendwie um alles, sind Lichtschnüre gewunden. In einer Ecke tanzt, mit an den Körper gezogenen Armen, eine obligatorische Transexuelle, Khol-Kajal und Jeans-Shorts, komischerweise ist sie die Einzige in dem Lokal. Der kleine, energische Typ, ja der mit dem Lamm, bemerkt dann und wann irgendetwas in meine Richtung, etwas das er natürlich in keinem Fall Ernst meint. Dass das seine Art sei, wird mir mehrfach versichert, im Gehen, ein paar Schritte auf dem Bordstein, ein paar auf der Strasse. Ohne weitere Folgen stosse ich ihn deshalb später hart an den Schultern nach hinten, schlage eine Zigarette aus seiner Hand. Ich meine das war vor dem Bankschalter, etwas abseits der Wartenden in der Schlange.