Dienstag, 28. Juni 2011

bohemian rhapsody

Da es heute sehr warm ist, findet der Krieg unter freiem Himmel statt. In der Vorstadt kämpft man gegen die Zukunft und gegen Blattläuse. Die Rosenspritze des Gärtners quietscht wie ein tropischer Vogel, die Dohlen locken keifend ihre Jungen. Einparkhilfen, Induktionsfelder, Rauchmelder piepsen den Song vom Sieg der Sicherheit über die Freiheit. Verletzen und beschädigen ist nicht nur out, sondern wird auch immer unwahrscheinlicher. Niemand prüft sich mehr in Passionen. Die Dinge flippen für uns aus. Wenigstens mein Funkkopfhörer blinkt panisch bei Signalverlust.

Liege im Gras und schaue hoch, ernster Blick in die Leere, so an/neben der Sonne vorbei. Per Hand lese ich lose Halme vom Rasen, ungründlich und beiläufig, in Gedanken ordne ich, vage und nebenbei, lose Stränge. Ich zähle alle Gründe auf. Dafür oder Dagegen. Ich komm ständig durcheinander, sie sehen sich zu ähnlich. Es geht darum bestimmte Dinge zu tun. Ich weiß. Darum geht es immer. Aber einer muss sich ja der Story annehmen. Ich opfer mich gern für die Handlung. Es sind die Dinge die wir tun weil Sommer ist, wir jung sind und es uns wenig Schmerz bereitet.

An der Ampel wartet ein Satanist artig auf Grün. Auf seinem schwarzen Shirt balgen sich glitzernde Wolfsjungen. 4 Meter weiter empfiehlt mir ein schäbiger Aufkleber auf einem Zigarettenautomat Live your Live. Die Hinweise brauchte ich nicht. Schon länger ist der Widerspruch mein neuer Begleiter.

Klischee-Core II in der hysterischen Stadthalle. Wir finden alles eklektisch und mies zusammengestellt, und daher aber auch gerade gut. Es gibt ein Symphoniekonzert. Sie spielen u.a. Rhapsody in Blue. Im Programmheft blättern wir extra immer wieder die Doppelseite mit der Schwebebahn vorm Sonnenuntergang auf, wenn die Musik besonders dramatisch anschwillt. Nach der Pause gibt es Die Planeten. Mir gefällt Mars am besten. Ausserdem der Junge mit dem deutschen Seitenscheitel dem ich eine Kippe abgeschwatzt habe. Simon meint er wär hundertprozentig ein Orchesterknabe. Entweder Geiger (und dann ein sehr guter) oder aber Bläser (dann aber eher mittelmäßig).

Die Nacht ist warm und wirklich samtig. Anders kann ichs nicht sagen. Nein wirklich. So weich und süß hat mich das Dunkel selten umgarnt.

Samstag, 25. Juni 2011

Mittwoch, 22. Juni 2011

more than this

Auf dem Campus ist dieser Springbunnen aus Beton der unaufhörlich vor sich hin quillt. Er pulst das Wasser unentwegt hoch und von allen Seiten prasselt auch noch der Regen ins Becken. Wenn es ein Bild gibt, für dieses Gefühl das ich so oft habe, dann sehe ich zum ersten Mal etwas das dem wohl gut gerecht würde.

Meine Stiefschwester hat gerade erfolgreich ihr Studium in München geschmissen. Wir sitzen uns im Büro gegenüber, sie am Schreibtisch meiner Mutter, ich an dem ihres Vaters. Wir teilen echt erstaunlich viele Ansichten, starren jeweils in den Monitor, drehen und rollen mit den Bürostühlen und warten auf das Abendessen.

Im Flur muster ich ein paar Schallplatten und schwatze meiner Mutter eine Roxy Music Platte ab. Anschliessend zeigt sie mir das neu renovierte Bad. Dort gibt es eine Duschkabine mit sehr vielen Düsen, die je nach Kombination eine fast exponentiell ansteigende Anzahl von Massagemöglichkeiten bieten. Ausserdem noch Radio und MP3 und alles. Der Rest besteht aus Chrom und Gold und Terrakotta-Strukturfliesen. Ich sage ihr, dass ich weiß, dass sie und ihr Mann beide wechselseitig, sowohl psychisch als auch finanziell, abhängig voneinander seien, dass das aber nicht gleich am Bad ablesbar sein müsse.
Vor und während des Essens schwärmen Mama und ich total für Bryan Ferry. Wir gehen total ab dabei und zählen die besten Hits auf, streichen mit den Fingern über Plattencover. Am Fenster, nach dem Essen, raucht sie und schaut den Dohlen zu, die vom Kirchof zu der großen Weide segeln. Von der ich übrigens bis heute nicht weiß, in wessen Garten sie eigentlich steht. Sie findet Smoke gets in your eyes so schön. Sie spricht von schlimmen Dingen, die sie erlebt hat als es mich noch nicht gab, aber zum Glück schon Bryan Ferry.

Dienstag, 21. Juni 2011

profan-fan werden

Ich kann ja auch nichts dafür das alle Heiligtümer in sich zusammenbrechen. Original das denke ich, während ich das Zahlungsmittel meiner Wahl aus meiner Hosentasche fummel. Wie verabschiedet man sich vom Verklärten? Feierlich? Dann ertönt plötzlich ein Klang, aus Deckenhöhe: die 8 völlig cheap-synthetisierten Schläge des Big-Ben. Ein ungeduldiger Kunde erklingelt sich mit der Voice-of-Britain eine neue Kasse. Ich bleibe zunächst in der alten Schlange stehen, aus Sentimentalität und Mitleid mit den sterbenden Dingen, gebe mir dann einen Ruck und stelle mich entschieden in die neue, schon längere Kundenreihe. Ich möchte diesem Klang vertrauen, der so tröstlich scheppert. Sacrality sucks. Ein wahrer Akt der Gnade vermutlich. Alle Erhabenheiten so hehr wie hohl. Alle Dinge werden frei sein, sind sie erst von ihren Bedeutungen entkoppelt. Das waren sie ja einmal, bevor wir sie an Relevanzen fesselten. Ohne die Gewichtung würde alles so leicht. Die EC-Karte geht wieder, geil!

Sonntag, 19. Juni 2011

-"Vermisst du mich?"
-"Nein. Macht dir das was aus?"
-"Nein."

junior boys-begone dull care/track 1

Im Türrahmen lehnend laber ich meinen Mitbewohmer kaputt, der absolut nichts dafür kann. Schlafmangel und seine evil Nebenwirkungen. Weil die Filtersysteme nur noch mit einem Drittel Perfomance arbeiten, find ich auch alles interessant und verfolgenswert. Alles ist gleichwertig extrem. Daher ist alles anregend egal. Haargenauso fühlt es sich an, ungefähr.

In Folge 2 wurden Blicke gesenkt, Strähnen um Finger gewickelt, in Haut gebissen, Pulse mit der Zunge gemessen.

Nachmittags in der Stadt habe ich 2 Fineliner gekauft, beide von der gleichen Farbe und Stärke, aber den einen kann man wegradieren. "Wie praktisch." fand ich.

Es sind noch viel mehr andere tolle Sätze gefallen. Die auch alle so gemeint waren:  Hey, na! //Ich hab auch eine andere Seite // Ich war mit dir in der Notaufnahme! //  Ich gehe jetzt. Mach dir keine Sorgen um mich, ist schon ok. Wirklich. Wenn du noch bleiben magst: Kein Problem. // Diesmal musst du dich entscheiden. // Darf ich deine Zahnbürste benutzen? // Ich kapier dich nicht. // Ich wünsch dir noch ein schönes Wochenende.


Richtigstellung: Ich habe falsch zitiert. Im Beitrag vom 28 Mai habe ich eine Aussage falsch zugeordnet. Statt "Es sind Berliner in der Stadt" lacht Sebastian hätte es heißen müssen "Es sind Berliner in der Stadt" bemerkte Markus. Markus sagt Dinge nicht lachend.

Freitag, 17. Juni 2011

solitude is bliss

Bin mit der Nacht per Du. Mehr Gesellschaft verträgt mein Glück auch grade nicht.

Montag, 13. Juni 2011

feiertags nur wiederholungen

Das Protokoll liegt vor. Zeile um Zeile kann ich lesen was ich fühle. Ich hab mich selbst gehackt und war noch nie so müde. Das Programm soll keine Schleifen bilden und tut es doch. Ich kopiere mich immer wieder selbst. Ganze Stücke nochmal. Alles schon gefühlt. Die Quelle bin ich eh nicht. Den Code schrieben andere: Ich weiß alles über Liebe, ich habe Filme gesehen.
Reverse forwards/ Jeder Moment zitiert einen Vergangenen. Rotating Video-Head Drum/ Selbst die Welt dreht sich, anstatt nach vorn zu gehen.
Es ist so, als würde man alle Teile einer TV-Saga nochmal, hintereinander weggucken. Und weil man alles schon kennt, erlaubt man sich den Raum zu verlassen, während die Geschichte vor sich hin läuft. Vor allem die eigenen Auftritte hab ich mir leid geschaut. Wenn ich meinen Part kommen sehe, verschwinde ich immer öfter lange in der Küche. So viel verpass ich da nicht und irgendeiner zeichnet's eh auf.

Sonntag, 12. Juni 2011

Samstag, 11. Juni 2011

elementartaktik

Heftig empfundene Schönheit lässt einen meist sehr vorsichtig agieren oder überstürzt. Am besten kombiniert man beides.

Wie kommt es, das in diesem Kampf, im Dunkel, ein Messer so sicher alte Wunden findet?
Um die richtigen Ziele präzise zu treffen, muss man die Augen schließen und blind stechen.

Freitag, 10. Juni 2011

wolves are wolves

Alle features im Dienste der Handlung. Alle Eigenschaften zum Appell. Falls ich heute in einer gewissen Tiefe für etwas empfinde, dann für die Figur deren Plot verflacht.

Die Gaben, die man zu reichen gedenkt, sollte man selbst kosten. Zum einem um Dosen festlegen zu können. Von anregend bis letal. Dann natürlich der Immunisierung halber. Und zuletzt um Vertrauen zu erzeugen. Das muss man, wenn das Gegenüber schlucken soll.

Mittwoch, 8. Juni 2011

eilenburg, mockrehna, torgau, jesewitz usw.

Wir fahren durch endlose brandenburgische Weiten und lachen haltlos über die beschissenen Fanfaren-Jingles, Folklore Soundlogos der märkischen Provinz. Aber auch nur 3 Stationen lang. Dann haben wir uns bereits daran gewöhnt. Machen weiter wie bisher, halt. Aufregende Dinge sind geschehen. Allerhand Unterhaltung bot sich dar und wurde angenommen. Jetzt geht es nach Leipzig. Darum.
Es ist still jetzt, da wir im summenden Zug die Hauptstadt verlassen haben, und nun frage ich Simon live was er am krassesten fand.
Simon findet es war am besten am Schlesischen-Tor, wo der Billo-DJ absoluten Klischee-Core (Fanfare für Oehna) aufgelegt hat. Wir stiegen wie üblich zu früh aus und gerieten in einen gekachelten Music-Clip. Alle haben voll abgetanzt. Die Breaks waren schlecht und hart und wir zeigten was uns MTV gelehrt hatte, legten uns voll ins Zeug, nahmen die komplette Ekstase mit und gingen erst als die Musik wieder gut wurde. Achja- und die Sache mit der SMS natürlich. In Oehna gibt es Hühner und fachsimpelnde Nachbarn mit Schnittbohnen im Arm, lässig an Drahtzäune gelehnt. Wir werden sie nie kennenlernen, der Zug fährt weiter. Der Reiseleiter tänzelt mit metallisch glänzendem Zellophan in der Hand durch die Sitzreihen. Mit dieser Zug-Mitfahr Nummer verdient er sich ein (Fanfare für Holzdorf/Elster) goldenes twix. 

Unser neues Motto lautet schon seit gestern "Hallodri". An dem Konzept mögen wir einfach alles. Ob der in schwarz aus unserer Fahrgemeinschaft wohl auch einer wäre, fragten wir uns schon am Berliner Hauptbahnhof. Später, nach dem Umstieg in Falkenberg offenbart es seine Lektüre: er liest das "Tagebuch eines Diebes". Heimliches Hi-Five. Der sächsische RE ist der Kracher. Die Lehnen völlig ausgeleiert und mit noch alten Fenstern die man bis zur Hälfte runterschieben kann. Die teure Sonnenbrille mit der linken abgesichert kann ich, im Fahrtwind posierend, sehen: ein Baustoffhandel bei Doberschütz führt genau vier Sorten Sand. 

Dienstag, 7. Juni 2011

hauptsachlich bleiben

OhOh, too many IPM (Impressions per Minute). Alles stimmt und ist gut und kostet Geld und hält nicht lange. Alles. Wir fügen allem garnichts zu. Der Aussage müde übernehmen wir Kommentare die wir im vorbeigehen sehen und sie passen immer. Buchdeckelweisheit : Every lie creates a parallel world- the one in which it is true. Eindrucksvoll beweist sich das wenig später bei der Sache mit der Frau neben uns, beim Vietnamesen in Mitte. Zeitgleich empfangen wir piepsend eine SMS. Sie auf einem schwarzen Nokia, ich auf meinem weißen. Scherzhaft frag ich Sie ob wir wohl denselben Typen daten. Sie lächelt höflich mit Verzögerung, sagt dann sie kenne jedenfalls den Absender nicht, schiebt leis noch nach die Nummer sei ihr fremd. Mir, sag ich, ist auch die Nummer neu, aber ich kenne den Absender. Wir lachen zusammen, bleichen dann gemeinsam aus, als ich ihr ihre (ja richtig, dieselbe) Nachricht aus meinem Handy vorlese. Wir nehmen es an, dieses krasse Ding und verabschieden uns dem Vorfall wegen nachdrücklich. Sie wünscht mir ein schönes Wochenende und ich uns wenig Kopfzerbrechen.

Die Stadt zieht sich uns rein und umgekehrt, das es nicht zu bös wird besorgt nicht die Vernunft sondern die mildernden Umstände. Die guten Sachen kommen von ganz von selbst. Magnetizm! Gutes Wort. Allerdings geht meine EC- Karte damit nicht ganz so d'accord und zerbricht an ihrer Aufgabe. Bei den Zugezogenen gibts nichts neues. Ausser vllt das sie jetzt alle Nachwuchs bekommen (Schwangere mit Undercut, wie schäbig.) Alle Medienwerkzeuge werden in Filz aufbewahrt. Schon wieder oder immer noch. So gehts -> Nik wirbt mit Glitzer-Lettern auf seinem Handy: R A P E. Er's guter Junge.

Samstag, 4. Juni 2011

die letzten lebenden romantiker/wir fetten die gleise in die zukunft mit unsrem herzblut- ey!

Freitag, 3. Juni 2011

gefahren besuchen

Frühstück bei einem Elter. Es gibt Geschenke. Nämlich Besorgnis und Vorsorge. Vllt hebt sichs gegenseitig auf. Nein: Mutters Zeigefinger im Wechsel auf beulig zerfalteter Zeitung und einer Flasche Sagrotan im Reiseformat. Profilmäßige (Alter/Geschlecht) Deckungsgleichheit mit den ersten EHEC-Todesopfern gibt der mütterlichen Furcht nochmal Thunder. Nachwuchs-Neurose auch Mutterliebe genannt. Dann fahr ich auch noch in die Hauptstadt als Single und besuche Jungs. Planmäßige Sorge spricht gängige Hygieneempfehlungen aus. Artig verspreche ich ihr, mir nach jedem Geschlechtsverkehr die Hände zu waschen.

Auf dem Weg erzählt Radio SAW von einem Blitzeinschlag ins örtliche Telefonnetz irgendeines brandenburgischen Kaffs, bei Notfällen soll man bitte die 0302-63 67 589 wählen.