Dienstag, 22. Mai 2012


»Woran denkst du?« fragt mich das Mädchen und ich spiele verwirrt, weil ich es nicht preisgeben will. Ich sehe zuerst ihre hellen Leinenschuhe und dann die Hosenbeine an. Ihren Gürtel, eine leichte Bluse, eine Kette. Als ich in ihrem Gesicht ankomme, habe ich tatsächlich vergessen was es war. Neben der weißen Wand stehend, scheint ihre Haut leicht gebräunt zu sein.
»Weißt du es nicht mehr?« Sie fragt nicht selten solche Dinge. Ausserdem fragt sie mich solche Dinge. Deshalb und der lachsfarbenden Segeltuchhose wegen, bin ich vorübergehend sprachlos. Es wirkt dann passend, weil auch echt, als ich mich sortiere. »Geh doch nochmal raus und wieder zurück, vielleicht fällt es dir dann wieder ein.« Dass sie mit ihrer hellen Haut sich in die Sonne setzt, hätte ich nicht gedacht. Wie sie dort steht als warte sie, bis es mir wieder und laut einfiele. Ich kann mich nicht ausgelassen genug über die Umstände wundern, die unser Gespräch umgeben. Solange sie dort steht nicht.
Sie hat ein sehr klares, glattes Gesicht, dessen Anlagen es auf eine pikierte und ablehnende Mimik vorbereitet haben. Was mich immer verwirrt, weil ich diese Züge nicht aktiviert sehe, wenn sie mit mir redet. Nicht dass ich es meinethalber unbedingt annehmen müsste. Nicht dass ich es meinetwegen nicht erwarten könnte. Je öfter sie so leichthin mit mir spricht - das denk ich als ich antworte: »Ich hab garnicht den Raum gewechselt als ich es vergaß, nur die Dokumente.« - so weniger aufdringlich wird der Wunsch, schlimme Dinge zu sagen. Sätze welche mir ihre Züge vorschlagen. Nicht weniger dunkel als manches Bild, welches sich Männern vor ihre blassen Brüste schiebt. Ich glaub sie mag mich. »Dann öffne doch das Dokument noch mal, dass es dir wieder einfällt« Und wir lächeln beide, als es dieses Fenster wird. Noch ohne eine Zeile. Solange sie dort steht nicht. Mein Lächeln, ich bin noch in der Übung, etwas kühler oder wärmer als ihres. 2 Grad daneben etwa. Sie merkt es nicht, sie ist nicht so empfindlich wie sie aussieht. Den Mittag über sitzt sie nicht im Schatten.