Mittwoch, 28. September 2011

die schwere + das erdmaß

Gravitation und Geometrie. Dann denke ich mir eine Linie aus. Wie lang ist egal, und von wo bis wo erst recht. Ich weiß nicht wie sie verläuft. Manchmal möchte ich das sie senkrecht steht, dann wieder liegt sie waagerecht. Der Horizont geht nicht zur Neige, weil die Welt rund ist, gibt es immer genug davon. Anders verhält es sich mit Kummer. Da sucht man ständig neue Quellen. 

Ich bin zu zeitig da. West LB Düsseldorf. Um mich emotional und finanziell darauf einzustimmen, trinke ich einen Tee schräg gegenüber/diagonal. Die Tasse für 4,50. In dem Laden sind nur Dicke. Bis auf die Bedienung und mich. Neben mir offenbar Pädagogen. Die ältere meint, zuviel Freiheit wäre nicht gut. Kinder bräuchten zielgerichtete Freiheit. Das ist ein O-Ton. Dafür kann ich nichts. Dann sagt sie noch: "Kinder brauchen Stoff. Die brauchen Futter! Futter!" Die sagt echt zweimal Futter. Die fette Lehrerin.

Im Foyer. Die Information ist verlassen. Großformatige Bilder. Sitzgruppe. Der jährliche Bericht, zweimal in deutsch, zweimal in englisch. Die Drehtür vollautomatisch, voll metapherig. Sie ächzt, schaurig wie die Weltseele, unter der Belastung ihrer eigenen Drehung. Die Bilder heißen: "Von allen Seiten angegriffen" "Ein Zustand zauberischer Zerrissenheit" und "Baustelle II". Gegenüber das gleiche  Gebäude nochmal. Fassade gegen Fassade. Parallel. Rechteckige Sonnenflecken in der Lieblingsfarbe Gold. Midas hat die Sonne angefasst. Daher. Mich hat auch etwas angefasst. An der Schulter. Es fand mich mit dem Rücken zu ihm stehend. Jedenfalls hab ich mich umgewandt. Jetzt ächze ich unter dem Gewicht dieser Drehung.

Gestern Abend habe ich Verdis Totenmesse gehört. Links wie rechts leere Sitze, im ansonsten voll besetzten Haus. Und dafür habe ich gerade acht Euro gezahlt. Luxus den man noch bezahlen kann. Einsamkeit muss nicht viel kosten. Kein Wort hab ich verstanden. Das Programmheft mit dem deutschen Text war schon vergriffen. Dies irae. Den hörte ich raus. Zwischen dem Nichts und dem Jenseits liegt ein großes Reich. Da gibt es fast alles. Entweder bekommt man es geschenkt oder man muss es eben kaufen.

Flüsse brauchen dafür nur ein leichtes Gefälle oder weichen Stein. Das Meer braucht Planeten. Gezeiten- Junge, deine Wasser werden von schweren Massen bewegt. Der Mond ist nur ein kalter Flammenspiegel.

Ich war nie in diesem Garten, noch kenne ich persönlich jemanden der dort gewesen ist. Aber ich kenn welche, die welche kennen, die angeblich dort waren. Oder die wenigstens so heißen. Das macht die Sache aber nicht echter. Noch unechter macht es die ganze Sache, wenn ich in meine Küche gehe. Soweit ich weiß, fliessen hier nicht 4 Ströme, sondern nur einer. Nein, zwei. Der in der Wand zählt auch. Trotzdem laben sich mehrere Generationen von Fliegen an Früchten aus der ganzen Welt. Sitzen auf Geschirr, das nicht zerbricht, weil man darauf achtet. Kreisen durch den Raum, der fast frei ist von Sorge. Gemässigtes Klima. Herd und Kühlschrank als thermische Pole. Alles regulierbar. Keine Schlangen, aber Feigen. Küchenrolle auch. Kräuter tiefgekühlt, Kräuter frisch. Milch und Honig. Aroma-Clips. Meine Welt- Amen.